Im Jahr 2009 ist die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Deutschland in Kraft getreten. Seither wird vor allem im Zusammenhang mit Behinderung von Inklusion gesprochen. Doch Vielfalt und Inklusion umfasst sehr viel mehr: Gerade in der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, wie viele Kinder aus herausfordernden Lebensbedingungen im Bildungssystem in Deutschland Hindernisse und Widrigkeiten erfahren. Ein Grund mehr, Projekte von Kindern und Jugendlichen zu unterstützen, deren Ansatz Chancengerechtigkeit in der Bildung ist.
Gemäß UN-BRK muss allen Kindern der Bildungsort Schule offenstehen und ein umfassend inklusives Bildungssystem geschaffen werden. Passend dazu verabschiedeten die Vereinten Nationen 2015 die 17 Nachhaltigkeitsziele der globalen Bildungsagenda. Das vierte Ziel setzt die hochwertige Bildung in den Mittelpunkt. Damit verpflichtete sich die Weltgemeinschaft, bis 2030 für alle Menschen Chancengerechtigkeit in der inklusiven und hochwertigen Bildung sicherzustellen. Von einer funktionierenden inklusiven Beschulung sind wir in Deutschland allerdings noch weit entfernt. Inklusion wurde von politischer Ebene herab beschlossen, ohne für die vielfältigen Herausforderungen bei der Umsetzung Lösungen anzubieten.
Warum wir in der Stiftung Bildung von Chancengerechtigkeit und nicht von Chancengleichheit sprechen
Unabhängig von den Bedeutungen fällt es uns schwer, einerseits von Gleichheit zu reden und uns andererseits für Vielfalt und Inklusion stark zu machen. Beide Begrifflichkeiten liegen eng beieinander und werden häufig in der Bildungsdebatte als Synonyme verwendet. Sie zielen jedoch auf unterschiedliche Ebenen:
„Demokratie beruht auf dem Versprechen gleicher Chancen, sie entfaltet sich durch Chancengerechtigkeit.“ Michelle Müntefering, Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik im Auswärtigen Amt.“
Kindergärten, Kitas und Schulen prägen unser Miteinander: wie wir leben, reden, denken und lernen. Die zentrale Aufgabe von Einrichtungen der (frühen) Bildung sollte heute deshalb sein, Kinder und Jugendliche zu stärken und Stigmatisierungen entgegen zu wirken. Jedes Kind hat das Recht auf gute Bildung und jedes Kind hat das Recht auf Respekt und Anerkennung. Dafür brauchen wir ein Bildungssystem, das allen Menschen offen steht und allen eine individuelle und talentorientierte Perspektive eröffnet. Vor diesem Hintergrund sprechen wir in der Stiftung Bildung von Chancengerechtigkeit.
Vielfalt und Inklusion in Kita und Schule
Dass Inklusion in Kita und Schule wichtig ist und weiter ausgebaut werden muss, sagen die Zahlen des Bildungsberichts 2020. Hier heißt es unter anderem, dass „der Einfluss des sozialen Hintergrunds auf den Bildungserfolg groß ist“.
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Immer mehr Kinder verlassen die Schule ohne Schulabschluss
Der Bildungsbericht 2020 des Bundesbildungsministeriums zeigt, dass 6,8 Prozent der Schüler*innen ohne einen Abschluss die Schule verlassen (2013 waren es noch 5,7 Prozent). Über alle Bildungsbereiche hinweg wird ein Mangel an schriftsprachlichen Kompetenzen festgestellt. Auch der Einfluss des sozialen Hintergrunds auf den Bildungserfolg ist weiterhin groß.
Digitalisierung im Fokus
Die vergangenen Wochen (während der Corona-Pandemie – Anm. Stiftung Bildung) hätten die Schwächen des Bildungssystems – „gerade im Bereich der Digitalisierung“ – sehr deutlich gemacht, erläuterte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek. Man habe gesehen, dass „wir noch nicht so weit sind, wie wir gewollt hätten“. Dies betreffe sowohl die Ausstattung als auch dessen pädagogisch sinnvollen Einsatz. Deshalb müsse beim Digitalpakt Schule darauf geachtet werden, „dass die Förderung digitaler Infrastrukturen und die Entwicklung pädagogischer Konzepte Hand in Hand gehen“.
Die Ministerin betonte: „Wir haben uns vorgenommen, das Jahrzehnt zu einem Jahrzehnt von Bildung, Forschung und Innovation zu machen.“ Bei dieser nationalen Aufgabe müssten alle Verantwortlichen an einem Strang ziehen.
Inter* und / oder trans*-identitäre Kinder und Jugendliche sind überall. Sei es in der Frühförderung, Kita, in der Schulsozialarbeit, der betreuten Wohngruppe oder in der Jugendarbeit. Es ist bisher nicht garantiert, dass sie auf sensibilisierte sowie qualifizierte Strukturen und Fachkräfte stoßen – oder überhaupt gesehen werden. Hier setzt der Paritätische Gesamtverband mit seinen neuen Informationsbroschüren (gefördert vom BMFSFJ) zu geschlechtlicher Vielfalt in der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder im Alter 0-6, Kinder im Alter 6-12 und Jugendliche) an:
- Handlungsempfehlungen (PDF-Datei, www.der-paritaetische.de)
- Für Kinder im Alter von 0 – 6 Jahren (PDF-Datei, www.der-paritaetische.de)
- Für Kinder im Alter von 6 – 12 Jahren (PDF-Datei, www.der-paritaetische.de)
- Für Kinder und Jugendliche im Alter von 13+ Jahren (PDF-Datei, www.der-paritaetische.de)
Chancengerechtigkeit als Grundlage
Kita- und Schulfördervereine sind effektive Beteiligungsmöglichkeiten für vielfältiges Bildungsengagement. Kinder, Jugendliche, Eltern, Erzieher*innen, Lehrkräfte, Kita- und Schulleitungen und alle engagierten Menschen können Enormes bewirken und Veränderungsprozesse erheblich beschleunigen. Genau das braucht eine vielfältige, chancengerechte und partizipative Bildung. Die Stiftung Bildung wirkt über das bundesweite Netzwerk der Fördervereine an Kitas und Schulen direkt an der Basis, stärkt die Handelnden und lässt Ideen vor Ort Wirklichkeit werden. Kindergärten und Schulen gestalten somit das vielfältige Bildungssystem aktiv selbst, orientiert an den jeweiligen Kindern und Jugendlichen ihres Standortes – und verändern damit die Gesellschaft im Sinne des Nachwuchses.
Für mehr Chancengerechtigkeit werden über die Stiftung Bildung Patenschaften zwischen Kindern und Jugendlichen bundesweit initiiert. Bis jetzt wurden 10.000 Patenschaften mit unterschiedlichen Teilhabechancen gestiftet und so 20.000 Kinder und Jugendliche bundesweit erreicht. Ihr Lebensweg hat durch die Patenschaft zusätzliche Möglichkeiten bekommen. Wir wollen diese Wirkung (Link zur Evaluation, PDF-Datei) noch mehr Kindern ermöglichen.
Wir wollen bundesweit weitere rund 3.000 Chancenpatenschaften pro Jahr zwischen Kindern und Jugendlichen mit unterschiedlichen Teilhabechancen initiieren und stärken. Das Programm „Menschen stärken Menschen“ des Bundesfamilienministeriums bietet hierfür die Grundlage.
Eine Chance für alle, das Beste aus dem eigenen Leben zu machen
Wenn wir unser Bildungssystem verändern, schaffen wir eine Gesellschaft, in der alle Menschen die Möglichkeit bekommen, das Beste aus ihrem Leben zu machen. Vielfalt und Inklusion als Grundsteine für eine gerechte und demokratische Gesellschaft zu verankern, erhöht zudem den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Und den brauchen wir genau jetzt.
Die Stiftung Bildung hat in einem Positionspapier grundlegende Aussagen zum Thema Vielfalt und Inklusion veröffentlicht und Forderungen an die Politik formuliert. Hier finden Sie die Stellungnahme.
Positionspapier zu Vielfalt und Inklusion
Die Stiftung Bildung hat in einem Positionspapier grundlegende Aussagen zum Thema Vielfalt und Inklusion veröffentlich und Forderungen an die Politik formuliert. Hier finden Sie die Stellungnahme.
Stiftung Bildung denkt Vielfalt mit
In der spendenfinanzierten Stiftung Bildung wird Vielfalt mitgedacht. Ob es um „einfache Sprache“ auf der Internetseite geht, Bildunterschriften und Untertitel bei Videos – wir wollen so transparent und barrierefrei sein wie nur möglich. Perfekt sind wir natürlich nicht, aber wir lernen ständig dazu und handeln nach bestem Wissen und Gewissen. Was Vielfalt und Inklusion sonst noch in der Stiftung Bildung bedeutet, haben die Vorständinnen Katja Hintze und Julia Latscha in einem Podcast-Gespräch diskutiert.
Zum Podcast
In diesem Podcast unterhalten sich Katja Hintze und Julia Latscha, Vorständinnen der Stiftung Bildung, über Bildung, Vielfalt, Partizipation und wie diese Themen miteinander verknüpft sind.
„Gute Bildung bedeutet Freiheit! Freiheit über sein eigenes Leben, selbstbestimmt entscheiden können, bewusst entscheiden können“, sagt Katja Hintze in dem 20-minütigem Podcast, und Julia Latscha ergänzt: „Bildung ist das Fundament für Entwicklung und genau die braucht eine Gesellschaft, um nicht stehen zu bleiben“.
Aktive junge Menschen unterstützen
Auch in der Schule und schon in der Kita werden viele junge Menschen aktiv. Mit handfesten Projekten stoßen sie Veränderungen an. Doch oft fehlt dafür das nötige Geld – selbst wenn es meist nicht viel ist. Die Stiftung Bildung sammelt daher bundesweit Spenden und leitet sie über ein Netzwerk von Kita- und Schulfördervereinen dorthin, wo die besten Ideen auf Umsetzung warten.
Viele Projekte wurden bereits umgesetzt und mit Ihren Spenden finanziert:
Zum Beispiel: Förderpreis 2020 „Wir l(i)eben Chancengerechtigkeit“
Der Förderpreis „Verein(t) für gute Kita und Schule“ stand 2020 unter dem Motto „Chancengerechtigkeit l(i)eben“. 29 Projekte wurden von den Landesverbänden der Kita- und Schulfördervereine nominiert, eine kompetente Jury verlieh die Auszeichnungen.
Lernen Sie hier die ausgezeichneten Projekte kennen
Zum Beispiel: Förderfonds Chancengerechtigkeit
Der Förderfonds „Chancengerechtigkeit“ fördert Projekte, die Wege in eine vielfältige, gerechte und inklusive Gesellschaft zeigen.
Lesen Sie mehr über den neuen Fonds
Zum Beispiel: Förderfonds „Förderschulen schlauer machen“
Oft brauchen und wünschen sich Kinder, ihre Eltern und Lehrkräfte in Förderschulen für ihren Unterricht mehr als das, was die Schule bieten kann: Spielgeräte, therapeutische Zusatzangebote, Berufsorientierung, Medienbildung oder Angebote im Bereich kulturelle Bildung.
Ohne Lobbyarbeit geht es nicht
Die Stiftung Bildung setzt sich dafür ein, dass Vielfalt zum selbstverständlichen Leitbild unserer Gesellschaft wird und dass jeder Mensch mit seinen Fähigkeiten und Voraussetzungen wertvoll ist. Sie sorgt bundesweit zusammen mit den Kita- und Schulfördervereinen und ihren Verbänden vor Ort dafür, dass das Bildungsengagement einen festen Platz auf der politischen Agenda hat. Damit wir jetzt und zukünftig Kindern eine chancengerechte Bildung ermöglichen können, ist das Ziel unserer Lobbyarbeit die Verstetigung des Bildungsengagements:
- Beratung von Politik und Gesellschaft (u.a. Gespräche mit Abgeordneten, Stiftungen, Fördernden, enge Zusammenarbeit mit Ministerien und Wissenschaft, Engagement und Mitarbeit in Gremien)
- Beratung und Unterstützung der Lobbyarbeit der Kita- und Schulfördervereine und deren Verbänden, beispielsweise mit unserem Lobby-Leitfaden (Link zum Leitfaden, PDF-Datei)
- Politische Stellungnahmen
- Studien zu Kita- und Schulfördervereinen (siehe Link nächste Zeile)
- Mitgliedschaften, regelmäßige Mitwirkung, Kooperationen – www.stiftungbildung.org/unsere-lobbyarbeit/
- Preise und Nominierungen (Förderpreis „Verein(t) für gute Kita und Schule“)
- Veranstaltungen
Wir brauchen Ihre Unterstützung!
Es gibt vielfältige kleine und große Möglichkeiten, wie Sie die Stiftung Bildung bei den Projekten zu chancengerechter Bildung unterstützen können. Die Transparenz und Wirksamkeit sichern die Spendensiegel, die der Stiftung Bildung für Ihre Arbeit verliehen wurden. Lesen Sie mehr
- Zusammenhalt in Vielfalt. 15 Thesen zu kultureller Integration und Zusammenhalt: www.kulturelle-integration.de/neufassung-der-15-thesen-zusammenhalt-in-vielfalt/