Brief an die ehem. Präsidentin Dr.in Stefanie Hubig und Antwort der Kultusminister*innenkonferenz durch Prasidentin Dr.in Britta Ernst, s.u.
Sehr geehrte Präsidentin der Kultusminister*innenkonferenz,
Sehr geehrte Dr.in Stefanie Hubig,
die Stiftung Bildung unter der Schirmherrschaft von Prof.in Dr.in Gesine Schwan begrüßt ausdrücklich die am 15. Oktober 2020 in Artikel 9 beschlossene Einrichtung einer ständigen wissenschaftlichen Kommission, um zukünftig auf Herausforderungen im Bildungswesen fundiert reagieren und Strategien zu relevanten Themen empfehlen zu können.
Angesichts der hohen Komplexität aktueller Problem- und Fragestellungen in diesem Kontext dürfte die von der Kommission zu erwartende Expertise ein sehr geeignetes Instrument sein, um adäquate Lösungsansätze und Strategien für das facettenreiche Spektrum der anstehenden Herausforderungen zu entwickeln.
Die empirisch verifizierten Daten zur partiellen Bildungsbenachteiligung in Deutschland fokussieren aus unserer Perspektive ein elementares Handlungsfeld der Gegenwart und Zukunft und konstatieren ein Dilemma.
Gerade durch die derzeitige Corona-Pandemie hat die mangelnde Chancengerechtigkeit nochmals massiv an Dramatik gewonnen, wie Studien belegen. Mit Blick auf Ziel vier der globalen Sustainable Development Goals sehen wir auf diesem Sektor in Deutschland ein beachtliches Optimierungspotenzial.
Die Roadmap des Weltaktionsprogramms beschreibt die eminente Bedeutung von Bildung, fordert unter anderem das Eintreten für egalitären statt elitären Zugang zu exzellenter Bildung sowie die deutliche Stärkung von Partizipationsoptionen für Kinder und Jugendliche. Aspekte, die in der Arbeit unserer Spendenorganisation einen außerordentlichen Stellenwert einnehmen. Insofern wäre aus unserer Sicht auch die Stiftung Bildung eine probate Kandidatin für einen Sitz in der Kommission. Außerdem erscheint es uns sinnhaft grundsätzlich über ein rollierendes oder permanent installiertes Erweiterungsgremium, resp. ein Beratungsgremium nachzudenken, um zusätzliche Kompetenzen in die Arbeitsprozesse einzubringen. Dafür eignen sich zum Beispiel Vertretungen der Elternschaft, der Schulfördervereine, der Bundesschüler*innenkonferenz sowie anderer (Jugend-)Verbände. Mit einer solchen Entscheidung käme die Position der unmittelbar Betroffenen und Mitwirkenden, den eigentlichen Adressat*innen von Bildungspolitik, zum Tragen und würde Gehör finden.
Wir möchten der KMK-Konferenz anregen die wissenschaftliche Kommission pluralistisch zu besetzen, um multiprofessionell, multiperspektivisch, diskriminierungskritisch und diversitätsbasiert agieren zu können, ergo die gesamtgesellschaftliche Realität prononciert zu reflektieren. Zugleich sollte Expertise in theoretischen Grundlagen und praktischer Ausführung erkennbar sein, ebenso eine kongeniale Synthese aus Analyse, Prospektive und Vision. Der Radius sollte unserer Ansicht nach unter anderem die Bereiche Inklusion, Bildung für nachhaltige Entwicklung, Gender, Migration, Futures Literacy, Didaktik, Digitalisierung, Global Citizenship, Menschenrechte, Demokratie-Bildung und Friedenserziehung umfassen. Wir erlauben dazu einige konkrete Vorschläge, ohne vorher mit diesen Personen dazu gesprochen zu haben:
- Grada Kilomba (Gender-/Postcolonial-Studies)
- MAKISTA e.V. oder UNICEF (Kinderrechte)
- Die Wissenschaftler*innen Annedore Prengel, Bettina Amrhein, Michael Komorek, Hans Wocken oder Michel Knigge (Inklusion)
- Jana Priemer (Zivilgesellschaftsforschung)
- Brigitta Wolff (Resilienz)
- Die Wissenschaftler*innen Mandy Singer-Brodowski oder Heiko Andreas von der Gracht (Zukunftsforschung/Futures Literacy)
- Die Wissenschaftler*innen Ute Stoltenberg oder Henrik von Wehrden (Bildung für nachhaltige Entwicklung)
- Wolfram Meyerhöfer (Didaktik)
- Vertretungen von Stiftungen und der Zivilgesellschaft (Bundeselternräte wie BER, BEVKi, Bundeschülerkonferenz (BSK), Bundesverband der Kita- und Schulfördervereine (BSFV), Stiftung Bildung, Deutscher Schulpreis, Social Impact, etc.).
Wir freuen uns, wenn unsere Hinweise Ihr Interesse finden und möglicherweise einen Beitrag zur Besetzung der Kommission leisten.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Katja Hintze und Heinz-Jürgen Rickert
Sehr geehrte Frau Hintze
Sehr geehrter Herr Rickert,
für Ihr Schreiben vom 14. Dezember 2020, in dem Sie Ihre Anregungen zur Besetzung der Ständigen wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz übermittelt haben, dankt Ihnen die Präsidentin, Frau Ministerin Ernst, auch im Namen ihrer Amtsvorgängerin Frau Ministerin Dr. Hubig. Sie hat mich gebeten, Ihnen zu antworten.
Möglicherweise ist Ihnen bekannt, dass die Kultusministerkonferenz in ihrer 372. Sitzung am 10. Dezember 2020 das Thema „Ständige wissenschaftliche Kommission“ weiter beraten hat. Sie hat insbesondere fünf Personen aus Wissenschaft, Praxis und öffentlichem Leben für eine Findungskommission benannt, die Vorschläge für die Besetzung der Ständigen wissenschaftlichen Kommission unterbreiten wird.
Vorgesehen ist, dass die Kultusministerkonferenz bei speziellen politischen Vorhaben und bei der Arbeit der wissenschaftlichen Kommission maßgebliche Akteure und Organisationen anlass- und themenbezogen einbeziehen wird.
Insofern danke ich Ihnen herzlich für Ihre Hinweise zur Besetzung der Kommission und werde sie als Anregung an die Mitglieder der genannten Findungskommission weiterleiten.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Udo Michallik