Im Schuljahr 2014/15 war es noch eine Klasse mit 12 Schülern. Heute sind es 142 geflüchtete Kinder und Jugendliche, die in verschiedenen Schulformen und Lerngruppen an der Adolf-Reichwein-Schule in Marburg unterrichtet werden. In einer interkulturellen AG können sich einheimische Schüler*innen und Geflüchtete in kleineren Lerngruppen oder in Partnerarbeit treffen. Bei Tee, Musik und Snacks arbeiten sie an Aufgaben aus dem Sprach- oder Mathematikunterricht. Die sich zunächst fremden Jugendlichen entdecken dabei Gemeinsamkeiten, und persönliche Begegnungen bereichern sie.
Strukturiert und in entspannter Atmosphäre
Die interessierten einheimischen Schüler*innen aus den Tutorien des Beruflichen Gymnasium und die Geflüchteten wurden auf das geplante Projekt vorbereitet. Elemente aus interkulturellem Training und Musikpädagogik wurden dabei verwendet, Tabuthemen, verschiedene Lebenswelten und Umgangsformen zu bearbeiten. Musik in Form einfacher populärer Gitarrensongs mit Rhythmusinstrumenten bildete dann die Basis für die erste gemeinsame Begegnung in einer angenehmen und entspannten Atmosphäre.
Der Versuch, Treffen zwischen Deutschen und Geflüchteten ohne weitere Struktur stattfinden zu lassen, hatte im Vorjahr sein Ziel verfehlt. Deshalb wurden die gemeinsamen Begegnungen in der AG themenzentriert gestaltet. So konnten Arbeitsaufgaben aus „Deutsch für Asylbewerber“ oder dem Mathematikunterricht gewählt werden. Diese konnten anschließend in Partnerarbeit oder in kleinen Lerngruppen bearbeitet werden. Zweck der AG ist jedoch nicht ausschließlich die Beschäftigung mit Lernaufgaben. Die Schüler können verschiedene Ideen zur vielseitigen Gestaltung der gemeinsamen Zeit einbringen, und haben so beispielsweise zusammen ein Youtube Video produziert. So führten die gemeinsame Arbeit an den Aufgaben sowie die Elemente aus Musikpädagogik und interkulturellem Training zum Ziel. Die angenehme Atmosphäre in für die soziale Interaktion ausgestatteten Räumen trugen zu Kontinuität und Nachhaltigkeit des Projekts bei.
Die AG schafft Raum und Zeit für Begegnungen und ein integratives Miteinander unter Gleichaltrigen. Sie fördert somit eine tolerante, offene Kultur, die sich gegen Vorurteile, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit stellt. Das Nachdenken wird angeregt und das Demokratieverständnis junger Menschen gestärkt.
Besser geht’s in Kooperation
Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit vielen Kolleginnen und Kollegen in unterschiedlichen Schulformen und der Stadt Marburg als Träger durchgeführt. Auch mit dabei sind die muslimische, christliche und jüdische Gemeinde der Stadt sowie mit Student*innen Fachbereichs Erziehungswissenschaften an der Universität Marburg durchgeführt. Der Förderverein unterstützt das Projekt finanziell und stellt Lehr- und Lernmaterialien bereit.
Die Schule und ihr Förderverein
Der Verein wurde 1998 gegründet und hat aktuell 55 Mitglieder. Er unterstützt viele schulinterne Projekte, beispielsweise die Werkstattarbeit in den besonderen Bildungsgängen und die schulinterne Bibliothek und bezuschusst Schülerinnen und Schüler bei finanziellen Engpässen bezüglich Unterrichtsmaterialen und Studien- und Klassenfahrten.
Die Adolf-Reichwein-Schule ist mit ca. 1400 Schülerinnen und Schülern die größte von drei beruflichen Schulen in der Stadt Marburg. Die Schwerpunkte sind insbesondere das Berufliche Gymnasium, die Assistenzausbildung, die Fachoberschule sowie die Teilzeitberufsschule und die Bildungsgänge zur Berufsvorbereitung.