Wir müssen unser Ändern leben! Wie viel Freude und Erkenntnis steckt in diesem kleinen Satz. Die Welt steht vor massiven klimatischen Veränderungen mit teilweise dramatischen Folgen für alle Menschen dieser Erde. Gleichzeitig wächst die wirtschaftliche Ungerechtigkeit: Sehr wenige Menschen sind unfassbar reich, eine wachsende große Anzahl dagegen lebt in Armut. All das hat etwas mit uns und unserem Leben zu tun. Wir können es beeinflussen. Den Lauf der Dinge steuern. Die Welt verändern!
Das muss keine Vision bleiben. Die beiden wichtigen Ansätze sind schon da, man muss sie nur zusammen denken: Das Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung und das noch völlig unterschätzte Feld des Engagements und der Partizipation. Beides muss gleichermaßen in Kitas und Schulen Raum finden.
Die Frage nach dem guten nachhaltigen, bewussten und ökologischen Leben ist zentral mit dem Thema Lernen verknüpft: Wie müssen Bildung und Lernen gestaltet und welches Wissen vermittelt werden, damit Kinder und Jugendliche genug Raum haben, um Kompetenzen wie Offenheit, Eigenverantwortung und Bewusstsein für ihre Welt und die nachfolgenden Generationen zu entwickeln?
Engagement als Bildungsziel
Die Vereinten Nationen riefen 2005-2014 die Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) aus, die vom Bundestag aufgegriffen wurde. Es folgte das anschließende Weltaktionsprogramm, das fraktionsübergreifend befürwortet wurde. Durch Bildung für nachhaltige Entwicklung werden Kinder, Jugendliche und Erwachsene in dem Bewusstsein gestärkt, dass ihr lokales Handeln auch globale Auswirkungen hat, für sie wie für nachfolgende Generationen. Die Vermittlung von Gestaltungskompetenzen steht im Vordergrund: vorausschauendes Denken, interdisziplinäres Wissen, autonomes Handeln, Partizipation an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen, Wir-Kompetenz.
Aktuelle Ergebnisse aus dem „Greenpeace-Nachhaltigkeitsbarometer“, einer repräsentativen Studie der Leuphana Universität Lüneburg, die im Auftrag von Greenpeace durchgeführt wurde, zeigen jedoch sehr deutlich ein Umsetzungsproblem: Kinder und Jugendliche haben die Thematik verstanden. Doch hapert es an dem „wie?“. Die notwendigen Kompetenzen werden nicht vermittelt.
Deutschlandweit wurden 2014 Jugendliche zwischen 15 und 24 Jahren befragt und die ersten Ergebnisse zeigen, dass es nicht am Interesse bei den Jugendlichen mangelt, denn: Sie wollen sich engagieren!
Doch es fehlt ihnen an Gestaltungsräumen, zudem fehlt handfestes Werkzeug für einen solchen Kulturwandel, weg von „Geiz ist geil“ hin zu „weniger ist mehr“. Nur 19% haben in der Schule einmal über Zukunftsvisionen gesprochen, ebenfalls nur 19% sind einem fächerübergreifenden Unterricht begegnet. Nur 11% beschäftigten sich mit anderen Sichtweisen, nur 5% lernten längerfristige Projekte kennen. Das Fächerkorsett ist zu eng, intergenerationale und kulturelle Ansätze fehlen meist, Raum für kreatives Querdenken und Mitgestalten sind nicht angesagt. Mit einem „einfach-weiter-so“ lässt sich Zukunft nicht neu gestalten.
Partizipation: „Heilmittel gegen Demokratieunlust und Gewalt“
Im emanzipatorischen 21. Jahrhundert fehlt es in Kitas und Schulen an Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten? In einem der reichsten Länder der Erde, in denen es an Gelegenheit nicht mangelt und Unabhängigkeit einen hohen Wert hat? Das Berliner Institut für Menschenrechte teilt in einem aktuellen Policy Paper diese Einschätzung. „Überspitzt formuliert wird Partizipation unter anderem verstanden als „Heilmittel gegen Demokratieunlust und Gewalt“. Häufig geht es in erster Linie darum, (vermeintlicher) Politikverdrossenheit entgegenzuwirken, demokratische Entscheidungsprozesse einzuüben oder auch um eine höhere Effektivität und eine größere Akzeptanz einzelner Entscheidungen, etwa die Auswahl des Ausflugsziels einer Lerngruppe oder die Gestaltung des Lernraums.“
Und: „Es gibt viele Programme im Rahmen der Demokratie-Erziehung sowie entsprechende Verankerungen in Schulgesetzen und Bildungsplänen. Andererseits sind es gerade nach wie vor Bildungsinstitutionen, die der Partizipation auch deutliche Grenzen setzen, zum Teil auch unbewusst. Lernziele und -inhalte sind in der Regel vorgegeben. Alle Anwesenden wissen, wer gegebenenfalls Schulnoten vergibt, wer die Steuerung wieder an sich reißen kann, wer für die Anwesenheit bezahlt wird. Rahmenbedingungen sind vorgegeben, Gestaltungsmöglichkeiten dadurch eingeschränkt und die Kommunikation automatisch eine andere als außerhalb von Bildungskontexten.“
Förderpreis zeigt vielversprechende Ansätze
Was in wissenschaftlichen Arbeiten abstrakt bleibt, macht der Förderpreis „Verein(t) für gute Schule“ der Stiftung Bildung greifbar. Unter dem Motto Kinder- und Jugendpartizipation waren im vergangenen Jahr Fördervereine an Schulen in ganz Deutschland aufgerufen gelungene Beispiele der Mitsprache und Teilhabe einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Das Thema Kinder- und Jugendbeteiligung ist insgesamt noch wenig präsent, das zeigen uns die Bewerbungszahlen, die erwartungsgemäß niedrig waren. Innerhalb der Nominierungen ist das Spektrum sehr breit. Der Partizipationsgedanke ist dort am ehesten sichtbar, wo Schülerinnen und Schüler sich, teilweise ohne Unterstützung von Erwachsenen, eigenständig bewarben. Ob Partizipation in der gesamten Schule einen hohen Stellenwert hat, kann nicht wirklich beurteilt werden, liegt aber nahe. In jedem Fall folgt dieses Engagement der Freiwilligkeit und den Fragen und Interessen der Kinder und Jugendlichen.
In unterschiedlichsten Schulen in ganz Deutschland zeigen sich vielversprechende Ansätze der Förderung von Beteiligung und Engagement. In den 7. Klassen einer Schule in Osnabrück gibt es „Lernen durch Engagement“ als eigenes Schulfach mit zahlreichen Kooperationspartnern. In einer Hamburger Schule werden Schülerinnen und Schüler (und Lehrkräfte!) mit der kreativen Problemlöse-Methode Design Thinking bekannt gemacht. Eine enge Begleitung und klar umrissene Lernziele sehen wir in den Grundschulen. In einer Schule in Hessen lernen beispielsweise die Viertklässler im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung die Kultivierung und Verarbeitung von Obst und Gemüse. Der Schulgarten wurde auf Wunsch der Kinder in den Unterricht einbezogen. Die nominierten Projekte des Förderpreises werden alle auf diesem Blog vorgestellt.
Stiftung Bildung – Engagement aller Generationen vernetzen und fördern
Kita- und Schulfördervereine bilden das größte Netzwerk zivilgesellschaftlichen Engagements im Bildungsbereich. Die Stiftung Bildung fördert dieses bundesweite Netzwerk durch professionelle Beratung und wirbt als bundesweit tätige Spendenorganisation Mittel zu Gunsten der Kinder ein. Somit können zusammen mit allen Engagierten Ideen passgenau für die Kinder und Jugendlichen des jeweiligen Bildungsstandorts verwirklicht und Bildung verbessert werden, indem auch die Kompetenzen vermittelt werden, die für eine Bildung für nachhaltige Entwicklung stehen: alle Generationen, engagiert, zusammen innerhalb eines kooperativen Miteinanders für bessere Bildung am jeweiligen Standort und für die kommenden Generationen.