Katja Hintze M.A. phil. ist die Vorstandsvorsitzende der Spendenorganisation Stiftung Bildung. Ihre Mission: die Zivilgesellschaft im Bildungsbereich stärken und Menschen sensibilisieren für Bildung in Deutschland zu spenden.
Text: Anke Bracht, Foto: Moritz Melms; dieser Text erschien zuerst auf www.weberbank-diskurs.de
Zwei Drittklässlerinnen haben eine schriftliche Vereinbarung aufgesetzt. Sie definiert ihre Chancenpatenschaft, wie die Stiftung Bildung dieses Projekt nennt. Eines der Kinder hat Fluchterfahrung, das andere Kind lebt schon länger in Deutschland. Die Kinder halten in der Patenschaftsvereinbarung detailliert fest, was sie gemeinsam machen wollen: Hausaufgaben, Sport, ins Kino gehen. 6.000 solcher Tandems hat die Stiftung Bildung in den vergangenen drei Jahren bereits bundesweit zusammengebracht. Bis 2021 sind 5.000 weitere geplant – und realistisch in der Umsetzung, so die Vorstandsvorsitzende der Spendenorganisation: „Diese Patenschaften sind niedrigschwellige Hilfen“, neben der Integration von Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrung fokussieren wir uns jetzt auch auf jene, die beispielsweise zuhause mit Alkoholmissbrauch konfrontiert werden, die ein körperliches Handicap oder Schwierigkeiten mit der Sprache haben.“
Ein undichtes Schuldach ist der Auslöser
Es ist ihre eigene Geschichte, die Katja Hintze zur Stimme für Bildung werden lässt. Von Anbeginn engagiert sich die damals als Kooperationsmanagerin in der Wirtschaft tätige Mutter als Vorstand in dem Kinderladen, in dem ihre heute 22 und 24 Jahre alten Töchter betreut wurden. Dann folgt die Einschulung und sie ist erschüttert über die Baustelle, die doch eigentlich ein Neubau sein soll: Es regnet rein. Dieser Moment ist die Initialzündung für das, was heute die spendenfinanzierte Stiftung Bildung ist. Katja Hintze gründet einen Schulförderverein in der Grundschule. Schon als Kind bei den Pfadfinder*innen hat sie sich damit auseinandergesetzt, wie man Dinge verändern kann, was man selbst dazu beitragen kann. Es folgt die Gründung des Landesverbandes der Kita- und Schulfördervereine Berlin-Brandenburg, dessen ehrenamtliche Vorsitzende sie bis heute ist. 800 Kita- und Schulfördervereine sind dem Verband heute angeschlossen. Vor sieben Jahren, folgt der nächste Schritt: „Wir brauchten auf bundespolitischer Ebene eine Stimme, die unser aller Bildungsengagement öffentlich vertritt“, so Katja Hintze. Und sie will Projekte mit Spendengeldern fördern. Gemeinsam mit neun anderen Ehrenamtlichen nimmt sie sich ein Jahr Zeit, um die Strukturen hierfür zu erarbeiten. Dabei ist ganz sukzessive die Stiftung Bildung entstanden, sagt die Vorstandsvorsitzende der Spendenorganisation.
96 Prozent aller Schulen sind Teil des Netzwerks
Die Stiftung Bildung ist gut aufgestellt: Sie steht unter der Schirmherrschaft von Gesine Schwan und ist Partnerin des Bundesfamilienministeriums (BMFSFJ), welches hauptamtliche Regionalstellen finanziert. 2018 konnte die Organisation rund drei Millionen Spenden- und Fördereinnahmen verbuchen. 96 Prozent aller Schulen – inklusive Berufsschulen – sind aktuell Teil dieses Netzwerks; die Zahlen der Kitas liegen etwas darunter. Das bedeutet die Zusammenarbeit mit 40.000 Kita- und Schulfördervereinen und rund zwei Millionen Ehrenamtlichen bundesweit. Gefördert werden kleinere und größere Projekte – vom einzelnen Buch für die Kinder in der Chancenpatenschaft bis zur Entwicklung einer Nachhaltigkeits-App oder die Jugendnachhaltigkeitskonferenz youcoN.
Appell an das Engagement der Zivilgesellschaft
Doch trotz dieser Erfolge sieht sich Katja Hintze mit der Stiftung Bildung noch lange nicht am Ziel: „Die Deutschen spenden pro Jahr mehr als 4 Milliarden Euro. Für viele Menschen ist Spenden selbstverständlich, aber die dringende Notwendigkeit, Bildung in unserem Land finanziell zu unterstützen, sollte auch selbstverständlich sein.“ Sie möchte noch mehr Bürger*innen dazu bewegen, sich zu engagieren: „Wir müssen die Zivilgesellschaft im Bildungsbereich stärken“, sagt Katja Hintze, „denn nur mit Bildung ermöglichen wir Chancengerechtigkeit, Partizipation, Vielfalt und Demokratie.“