Eine Thüringer Kitaleiterin erzählt vom Patenschaftsprogramm
Im Rahmen des Patenschaftsprogramms „Menschen stärken Menschen“ fördert die Stiftung Bildung in Zusammenarbeit mit dem Thüringer Landesverband der Schulfördervereine e.V. (TLSFV) die Begegnungen zwischen Kinder und Jugendlichen mit und ohne Fluchterfahrung. Dorothee Kreling, Projektreferentin für den TLSFV, erzählt von einem Gespräch mit einer Kitaleiterin. Es ist eine Momentaufnahme und ein Zurückblicken auf den Alltag mit 17 Kindern mit Fluchterfahrung.
„Juli 2017. Es ist ein sonniger Tag. Die Kinder spielen fröhlich auf dem Außengelände der Kita. Als Projektreferentin des Thüringer Landesverbandes der Schulfördervereine e.V. bin ich heute wieder unterwegs; gerade sitze ich mit Fachberaterin und Kita-Leitung am Tisch im Gruppenraum. Wir besprechen Details im Patenschaftenprojekt und betrachten dabei das Treiben im Garten.
Mit einem Anteil von über 45% geflüchteter Kinder ist diese Thüringer Kita auf dem Land ein ganz besonderer Bildungs- und Integrationsstandort. Die siebzehn 3- bis 7-jährigen Kinder mit Fluchthintergrund kommen jeden Morgen mit dem Bus zum Kindergarten aus einem sog. „Flüchtlingsdorf“, zwei Dörfer weit entfernt. Dort wurden in den Plattenbauten einer ausgelagerten, ehemaligen Flughafen-Kaserne der Sowjetarmee Wohnungen – ausschließlich für zugewanderte Familien – geschaffen. Derzeit leben in dieser umzäunten Siedlung etwa 150 bis 180 Kinder mit ihren Familien; verschiedenste Nationalitäten und Religionen zusammengebracht an einem Ort.
Jeden Nachmittag, wenn die Kita schließt, werden die Kinder wieder mit dem Bus zurückgebracht ins „Flüchtlingsdorf“. Die Eltern und Geschwister der geflüchteten Kinder sehen die Erzieherinnen nur bei besonderen Anlässen.
Ich bin nicht zum ersten Mal zu Besuch in dieser Kita. Die Unternehmungen im Patenschaftsprojekt und im Kita-Alltag allgemein sind bunt. Viele Aktivitäten und Feste gab es bereits, die das Team der Erzieherinnen und die Kinder der Kita besucht, durch Beteiligungen bereichert oder selbst initiiert haben. Vor kurzem erst fand ein Hoffest beim benachbarten Bauern statt, bei dem sich der Kindergarten beteiligte. Im Advent war ich Gast auf dem Weihnachtsbasar mit buntem, interkulturellem Programm und Speisen aus unterschiedlichen Kulturen und Küchen. Hier mischten sich einheimische und zugewanderte Familien ganz natürlich. Und alle Eltern waren gleichermaßen stolz auf die Vorführungen ihrer Kinder.
„Ja, es hat sich viel getan in den vergangenen Monaten“, die Leiterin blickt zurück. „Der Anfang vor zwei Jahren war schwierig.“ Von jetzt auf gleich waren Kinder in die Kita gekommen, die kein Wort Deutsch verstanden. Mit diesen Kindern und ihren Familien wurden plötzlich völlig neue Anforderungen an die Erzieherinnen gestellt, auf die keine vorbereitet gewesen war. Doch nach und nach funktionierte die Gemeinschaft immer besser, auch weil das Patenschaftsprogramm Möglichkeiten eröffnete zur Begegnung auf gemeinsamen Ausflügen und Feiern.
„Und heute?“, fragend schaue ich die Leiterin an. Sie lächelt und zwinkert mir zu:
„Und heute? Nein, heute geben wir unsere Kinder aus der Flughafensiedlung nicht mehr her! Sie gehören voll und ganz zu uns!“ „
Das Patenschaftsprogramm der Stiftung Bildung ist Teil des Bundesprogramms „Menschen stärken Menschen“ des Das Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).