Fieberhaft sucht die Forschung weltweit nach Lösungen für die Energiewende. Jugendliche aus Hessen entwickeln derweil eine Idee zur Marktreife, mit der sie sehr kostengünstig und klimaschonend Strom erzeugen. Möglich wird das mit Geld, das die spendenfinanzierte Stiftung Bildung bundesweit für Projekte wie dieses sammelt – bitte unterstützen Sie uns dabei und spenden Sie jetzt.
An der Dietrich-Bonhoeffer-Gesamtschule im hessischen Lich wird die Energiewende greifbar. Schüler*innen gewinnen hier Energie aus organischen Abfällen. Die Technik dazu haben sie selbst entwickelt. Anders als in bestehenden Biogasanlagen kommen bei ihnen spezielle Algen zum Einsatz. Diese produzieren Ethanol – auch bekannt als Brennspiritus. Der Vorteil: Ethanol ist flüssig. Das Methan aus Biogasanlagen hingegen ist gasförmig und dadurch schwer zu handhaben.
Geld für die Umsetzung fehlt
Die einmalige Idee der Licher Schüler*innen lässt sich hingegen problemlos überall dort einsetzen, wo organische Abfälle anfallen. Erste Kaufanfragen gibt es schon, von einer örtlichen Schäferei bis hin zu einer Kaffeerösterei in den kolumbianischen Hochanden. Jetzt möchten die jungen Tüftler*innen ihre Anlage zur Praxisreife führen. Doch ihre Schule hat dafür kein Geld. Sie schreiben ein Konzept, bitten die Stiftung Bildung um Förderung und haben Glück. Ihr Projekt überzeugt.
Die Idee: Energiewende auch für entlegene Regionen
Wie lässt sich Strom nicht nur umweltschonend, sondern auch einfach und günstig gewinnen? Das fragen sich fünf Schüler*innen der Dietrich-Bonhoeffer-Schule, nachdem sie den Kurs „Regenerative Energie“ der 9. und 10. Klassen belegt haben. Der Materialaufwand soll so gering wie möglich sein, damit der Strom für eine Energiewende auch in entlegenen Regionen der Welt gewonnen werden kann.
Ackerboden für Nahrungsmittel freihalten
Gleichzeitig wollen die Schüler*innen keine Energiepflanzen wie Mais einsetzen. Denn die brauchen wertvollen Ackerboden, der dann nicht mehr für Nahrungsmittel frei ist. Und so kommt ihnen die Idee, Algen zu verwenden. Die wachsen extrem schnell und lassen sich im Prinzip überall züchten. Sie können mit organischen Abfällen Energie aufbauen und sogar Gülle aus der Viehhaltung ist dafür geeignet – ein weiterer positiver Nebeneffekt.
Umsetzung mit Begeisterung und Durchhaltevermögen
Doch wie soll aus den Algen im nächsten Schritt genauso einfach Strom entstehen? Die jungen Tüftler*innen beschäftigen sich ausführlich mit Algen und ihren Fähigkeiten. Nebenbei lernen sie dabei viel in Naturwissenschaften und über Durchhaltevermögen. Doch auch der Spaß an der Sache für die Energiewende ist groß und die Hilfsbereitschaft untereinander. Sie gründen eine Schüler*innenfirma mit Namen Nitrotoxy. Den Papierkram dazu erledigen sie selbst. Und neben den fünf Gründungsmitgliedern vergrößern ein Jahr später neun weitere Schüler*innen die Gruppe.
Gesucht: die richtige Technik
Sie könnten die Algen vergären lassen. Dabei entsteht Biogas, aus dem sich Strom gewinnen lässt. Doch das Gas ist leicht brennbar und kann unbemerkt austreten. Um das zu verhindern, müsste die Anlage aufwändiger sein, als es den Schüler*innen vorschwebt. Die Alternative: Unter Druck Öl aus den Algen gewinnen. Bei ihren Versuchen stoßen die Licher Jugendlichen allerdings auch hier auf ein Problem. Öl brennt zu ungleichmäßig und spritzt.
Der Lösung auf der Spur
Die Recherchen gehen weiter. Dabei stößt man auf eine Algenart, die als Stoffwechselprodukt Ethanol abgibt. Mit diesem Brennstoff lässt sich ohne Problem ein sogenannter Stirling-Motor antreiben. Dazu wird Luft erwärmt, die sich ausdehnt, wieder abkühlt und so einen Kolben im Motor bewegt. Die Lösung ist gefunden. Denn auch die Technik des Stirling-Motors ist dafür geeignet, dass die jungen Unternehmer*innen ihn selbst bauen können.
Viel Aufmerksamkeit und Aufträge für die Energiewende
Die innovative Idee zur Energiewende bleibt nicht unbemerkt. Die Schüler*innen gewinnen 2019 einen Sonderpreis im Rahmen des Junior-Projekts des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln in Kooperation mit dem hessischen Kultusministerium. Sie werden zu Konferenzen und Messen bundesweit eingeladen, haben Auftritte in landesweiten Medien und im Morgenmagazin des ZDF. Ein örtlicher Schäfer beauftragt die junge Fima sogar, eine maßgefertigte Anlage für ihn anzufertigen.
Hilfe für Kolumbien
Auch ein indigener Stamm in den kolumbianischen Hochanden gehört zu ihren Partner*innen. Der Stamm der Nasser betreibt dort eine Kaffeerösterei. Eine Nitrotoxy-Anlage ließe sich unkompliziert und günstig mit Materialien vor Ort bauen. Selbst den Stirling-Motor könnten ortsansässige Schmiede fertigen. Als Treibstoff eignen sich Reste vom Zuckerrohr, das die Einheimischen anpflanzen.
Spenden ermöglichen Umsetzung
Die Herausforderung: Bislang hat die Algenzucht in Lich nur im kleinen Modell funktioniert. Mit Spenden, die die Stiftung Bildung bundesweit für Projekte wie dieses sammelt, kann das Nitrotoxy-Team in die Praxisphase einsteigen. Das Konzept und den Antrag dafür haben die Licher Schüler*innen selbst geschrieben.
Ermöglicht wurde die Förderung in diesem Fall über eine Zusammenarbeit mit der Karl Schlecht Stiftung. Sie fördert mit der Stiftung Bildung junge Gründer*innen unter der Überschrift „Entrepreneurship Education„. Als nächsten Schritt haben die Jugendlichen in einer Holzhütte auf dem Schulgelände eine kleine Forschungsstation gebaut. Die Firma läuft – und ein Schüler hat sogar schon ein Praktikum bei ihnen gemacht, ganz so wie in einem richtigen Unternehmen.
+++ Neues von Nitrotoxy +++
Engagierte Jugendliche stellen Desinfektionsmittel gegen Viren her
Die Schulen sind wieder offen. Aber das kann sich schnell ändern, wenn dort Covid-19 ausbricht. Damit dies nicht passiert, hat die Schüler*innenfirma „Nitrotoxy“ der Dietrich-Bonhoeffer-Schule im hessischen Lich ein eigenes Desinfektionsmittel entwickelt, das sie selbst herstellt.
Amtlich zugelassen
Das Mittel ist amtlich zugelassen und steht Schulen und anderen Institutionen im Landkreis zur Verfügung. Mit Unterstützung der spendenfinanzierten Stiftung Bildung und der Wolfgang Dürr Stiftung haben die Jugendlichen zudem einen nachhaltigen Desinfektionsmittelspender erdacht. Er besteht aus einheimischen Hölzern und leeren Kunststoff-Flaschen. Den Prototypen können andere Schüler*innen einfach nachbauen.
Antiviral und klimaschonend
Der Vorteil des selbst gebauten Spenders: Das verwendete Holz wirkt gegen Viren, die so auf der Oberfläche des Spenders nicht lange überleben – anders als bei herkömmlichen Spendern aus Kunststoff. Das ist auch gut fürs Klima. Denn statt neues Plastik herzustellen, wird altes Plastik wiederverwendet.