Bildung mit und für Kinder und Jugendliche gestalten, gemeinsam mit allen Generationen – das ist das Ziel der Stiftung Bildung. Wir sind stolz und glücklich, dass sich sehr unterschiedliche Menschen jeden Alters ehrenamtlich bei uns engagieren. Gesa ist eine von ihnen. Im Unruhestand bewegt sie sich zwischen Berlin und Italien. Bilder sind ihre Leidenschaft: Bei den Berliner Filmfestspielen fühlt sie sich zu Hause. Im Alltag ist ihre Kamera oft eine Begleiterin. Hier stellt sich die ehemalige Mitarbeiterin der Europäischen Kommission selbst vor:
Seit einiger Zeit bin ich eine Ehrenamtliche. Aber was ist das im eigentlichen Sinne des Wortes? In den romanischen Sprachen italienisch, französisch und spanisch wird „ehrenamtlich“ unterschieden zwischen volontario-volontaire/bénévole-voluntario (freiwillig) und onorario-honorifique-honorifico (ehrenvoll, mit Ehren). Das sind zwei verschiedene Zuordnungen, auch wenn sie sich in der Praxis oft decken mögen, und in jedem Fall das gemeinsame Merkmal “Arbeit ohne Entgelt” tragen. Ich komme für mich mit der Bezeichnung „Freiwillige” besser zurecht, weil ich damit kein schlechtes Gewissen haben muss, dass ich mein neues Amt nicht richtig, nicht genügend und schon gar nicht ehrenvoll ausübe.
Mein Interesse am Mitmachen wurde geweckt durch meine Freunde und Ex-Kollegen, die sich seit einigen Jahren mit viel Engagement und Erfindungsreichtum um eine Gruppe von Flüchtlingen kümmern. Diese Freunde und ich gehören zu den ausgedienten Alt-Europäern, die viele Jahre zusammen gearbeitet haben im „Europäischen Zentrum für die Förderung der Berufsbildung“ , bekannt unter der Abkürzung CEDEFOP (Centre européen pour le développement de la formation professionnelle), einer Einrichtung der Europäischen Kommission Brüssel mit Sitz in Berlin und später – nach dem Fall der Mauer – in Thessaloniki.
Unsere Aufgabe war es, kurz gefasst, die Mitgliedstaaten beim Aufbau, Ausbau oder Reformieren ihrer Berufsbildungsstrukturen zu unterstützen mit vergleichenden Studien, Pilotprojekten, Studienaustauschprogrammen von Lehrern und Ausbildern, Preisverleihungen, Konferenzen und Seminaren mit Experten und Sozialpartnern aus den Mitgliedstaaten u.a.m. In den siebziger und achtziger bis hinein in die neunziger Jahre herrschte Aufbruchstimmung, Europa baute sich auf und hielt zusammen. Wir fühlten uns als Pioniere oder Avantgardisten, und Gelder waren „in Sachen Europa“ immer da. Die Reisetätigkeit boomte und wir waren ziemlich von Idealismus beseelt. Politische Vorgaben wie die „Schaffung eines europäischen Arbeitsmarktes, eines europäischen Bildungsmarktes oder die Einführung eines europäischen Berufsbildungspasses“ waren für uns selbstverständliche Richtlinien.
Das klingt sicher wie ein Märchen aus Tausend-und-einer-Nacht oder wie blühende Phantasie, wenn man den desolaten Zustand der Europäischen Union in heutigen Tagen sieht, welchem allerdings ein jahrelanger schleichender Erosionsprozess vorausging.
Diese Aufbruchstimmung habe ich jetzt zum ersten Mal wieder erlebt.
Natürlich nicht auf europäischer Ebene, sondern auf deutscher in Berlin: Auf der Suche nach einer Aufgabe als Freiwillige im Rahmen der Flüchtlingshilfe bin ich mit Hilfe des phantastischen Ehrenamtsmanagers „GuteTat.de“, der einem einige hunderte Projekte zur Auswahl vorstellt, auf die Stiftung Bildung gestoßen, deren Arbeit mich besonders interessiert hat: Unterstützung und Förderung von Initiativen in den Schulen verschiedener Bundesländer, die der Chancenungleichheit entgegenwirken, die unser Schulsystem und unsere Gesellschaftsstruktur nun mal mit sich bringt.
Besonders haben mich die Projekte begeistert, die die Kinder selber als Mitwirkende, wenn nicht sogar „Entscheidungsträger“ miteinbeziehen, wenn es um die Integration von neu angekommenen Flüchtlingen ging. Faszinierend, welche Kreativität, Eigeninitiative, Eigenverantwortung und welche Lust am Mitmachen und Selber-Gestalten diese Kinder entwickelt haben. Das durfte ich anlässlich einer Konferenz erfahren, die die Stiftung Bildung im November letzten Jahres veranstaltet hat und auf der solche Projekte vorgestellt und ausgezeichnet wurden.
Die Veranstaltung für die Nominierten des Förderpreises Verein(t) für gute Schule zeigte Projekte, in denen die neuen hohen Anforderungen an den Schulen mit ihren Lehrern und Helfern in erfolgreiche Initiativen umgesetzt wurden und werden. Es ging immer wieder darum, „ schwere Dinge leicht zu machen“ (und nicht umgekehrt!), um sie unter Beteiligung möglichst aller umsetzen zu können. Trotz der komplexen Thematik herrschte eine fröhliche Stimmung in allen Seminarräumen und besonders im Plenum. Einer noch jungen Stiftung wie der Stiftung Bildung mit jungen und hochmotivierten haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern scheint das voll und ganz zu gelingen.
Während ich auf der Lauer lag, um Fotos für die Stiftung zu machen, dachte ich ganz spontan: Deutschland ist aus seinem Dornröschenschlaf aufgewacht!
Vielleicht bin i c h ja auch aus meinem Dornröschenschlaf aufgewacht? Ob es wohl vielen Ehrenamtlichen so geht? Die für die Stiftung Bildung Tätigen konnte ich auf zwei für uns organisierten Festabenden kennenlernen. Sie sind (fast) alle jung und so warmherzig und zugewandt, dass ich mich sofort dazugehörig fühlte. Ich möchte behaupten, dass viele Ehrenamtliche so ein Wir-Gefühl suchen und grosses Glück haben, wenn sie es finden, wie ich.
Ich freue mich, dabei zu sein.
Gesa