Bundesjugendministerin Franziska Giffey hat ein Bundesjugendkuratorium berufen. Nur eine Kleinigkeit fehlt darin: die Jugend selbst. Dabei gibt es genug Beispiele, wie es auch anders gehen kann. Sind Jugendliche, die mitreden, gefährlich?
Text von Rainald Manthe, Kuratoriumsmitglied der Stiftung Bildung //
Auf dem Foto hier sieht man es sofort: Franziska Giffey ist eine der jüngsten auf dem Bild. Sie, die 40-jährige Bundesjugendministerin, hat gerade das Bundesjugendkuratorium berufen. Es berät in dieser Legislaturperiode die Bundesregierung in sämtlichen (!) Vorhaben aus allen (!) Ressorts. Darüber hinaus soll das Gremium „Querschnittsfragen der Kinder- und Jugendpolitik“ beraten. Ein Perfekter Ort also, um nicht nur über, sondern auch mit jungen Menschen zu sprechen.
Perspektive ist eine andere
Allein: Wie soll das ohne die Betroffenen selbst gehen? Vier der Mitglieder haben Professor*innentitel, es sind mehrere Direktor*innen und Leiter*innen darunter, Geschäftsführer*innen und Expert*innen. Ohne Frage: Ihre Beteiligung ist wichtig, sie arbeiten seit Jahren in der Kinder- und Jugendhilfe und haben viel Expertise. Aber sie sind eben auch nicht (mehr) jung, ihre Perspektive ist eine andere.
Jugend an die Macht!
Aber die Jugend will sich doch gar nicht beteiligen, heißt es oft. Bei Fridays for future demonstrieren aber gerade jeden Freitag Jugendliche und junge Erwachsene für eine lebenswerte Zukunft und gegen den Klimawandel. Sie schwänzen die Schule und zeigen damit, dass sie bereit sind, für ihre Zukunft einzustehen und Konsequenzen in Kauf zu nehmen. Dafür werden sie beschimpft. Die angeblich so unpolitische, höchstens noch für kurzfristige Projekte zu begeisternde Jugend möchte mitsprechen. Der Haken: Man lässt sie kaum.
Eine ähnliche Debatte gab es auch um den Nationalen Bildungsrat. Auch dort sollten nur Expert*innen und Politiker*innen nach den üblichen Proporzen vertreten sein. Nur wenige fordern, dass auch Bildungsbetroffene einbezogen werden – obwohl sie andere Perspektiven jenseits des festgefahrenen, deutschen Bildungsföderalismus einbringen könnten.
Beispiele gibt es genug
Dass das nicht so sein muss, zeigen vielfältige – auch schon praktizierte – Modelle, wie junge Menschen in Politik einbezogen werden können. Neben eher klassischen Möglichkeiten über die Jugendverbände der Parteien oder themenbezogene Jugendorganisationen gibt es auch in der Bundespolitik in letzter Zeit verstärkt Ansätze, junge Menschen ernsthaft zu berücksichtige.
Auch das Bundesjugendministerium setzt an vielen Stellen auf die Beteiligung junger Menschen: Bei den Jugendpolitiktagen etwa kommen 450 Jugendliche aus ganz Deutschland zusammen, um über ihre Themen zu diskutieren. Es gibt Jugendbeiräte und Beratungsprozesse bei anderen Bundesministerien, etwa zum Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung beim Bundesbildungsministerium.
Das Projekt JugendCheck geht noch einmal andere Wege: Es prüft die Auswirkungen von Gesetzesentwürfen auf junge Menschen. Damit sollen Beteiligte an Gesetzgebungsverfahren sensibilisiert werden.
Einfache Chance nicht genutzt
Dass das neu berufene Bundesjugendkuratorium die Chance nicht nutzt, auch junge Perspektiven zu berücksichtigen, ist schade. Es wäre eine einfache Möglichkeit gewesen, Jugendbeteiligung strukturell zu verankern. Große politische Kämpfe wie um den Bildungsrat wären nicht zu erwarten gewesen, es handelt sich um ein etabliertes Gremium mit begrenzter öffentlicher Wirkung. Umso einfacher wäre es gewesen, hier ein Zeichen zu setzen für mehr Jugendbeteiligung. Interessierte gäbe es genug.