Spenden für Bildung sind Investitionen in die Zukunft

– es braucht sehr viel mehr davon!

von Katja Hintze, Vorstandsvorsitzende der Stiftung Bildung

Deutschland hat ein herausragendes Bildungssystem: Es gibt das Recht auf kostenfreie Bildung. Es existieren vielfältigste (Aus-)Bildungswege und (Aus-)Bildungsorte: staatliche und freie Schulen, mehrsprachige Europa-Schulen, Montessori-, Waldorf-, Reformpädagogik- und Demokratie-Schulen. Es gibt die duale berufliche Ausbildung mit Berufsschulen, um die wir weltweit beneidet werden – mein Dank gilt jedem Betrieb, der ausbildet! Wir lernen unsere Demokratie aktiv mitzugestalten, indem wir frei unsere Meinung äußern und zu mündigen Bürger*innen (ausgebildet) werden. Das alles gilt es auszubauen und zu stärken!

Dennoch stecken wir mit folgenden Themen tief in der Bildungskrise: Chancengerechtigkeit, Inklusion, Digitalität und Digitalisierung, Schulbauten, Fach- und Lehrkräfte, Kitaplätze, Mehrsprachigkeit, Bildungspläne, Studienergebnisse, Demokratie. Die Liste der Herausforderungen im deutschen Bildungssystem ist lang, Handeln notwendiger denn je. Die Zivilgesellschaft nimmt die Situation der Kinder und Jugendlichen in der deutschen Bildungslandschaft längst sehr ernst und agiert. Ihr Mittel: Stetig steigendes Bildungsengagement.

Es braucht sehr viel mehr Spenden für Bildung

Bisher sind es jedoch einige wenige Privatpersonen und Firmen, die auch bereit sind, für Bildung zu spenden. Warum ist das so? Das meistgehörte Argument: Für Bildung ist der Staat zuständig und es wird doch schon sehr viel Geld dafür ausgegeben. Ja, aber auch für Entwicklungshilfe, Katastrophenschutz, Gesundheit, Nachhaltigkeit und Wohlfahrt ist der Staat zuständig und investiert zu Recht viele Steuergelder. Dennoch wird für diese Bereiche in nicht unerheblichem Maß zusätzlich gespendet. Bildung ist ein relativ neues Spendenfeld. Damit wir unsere Bildung zu bester Bildung machen können, braucht es Spenden für Bildung und eine unabhängige, bundesweite, zivilgesellschaftliche Stimme für Bildung.

Immer mehr Menschen in Deutschland engagieren sich – oft unterm Radar der Öffentlichkeit – ehrenamtlich für Bildung, Tendenz steigend. Das bundesweite Bildungsengagement ist bunt, vielfältig und vielseitig. Es fördert die Bildung von Kindern und Jugendlichen schnell und unbürokratisch, zeigt sich krisenresilient und wirkt demokratiefördernd. Das dokumentieren die aktuellen Studienergebnisse unserer Studie, der ZiviZ-Sonderauswertung zu “Bildungsengagement in Deutschland: Entwicklungen, Herausforderungen und Perspektiven von Kita- und Schulfördervereinen” gefördert durch Ihre Steuergelder über die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) – der Dank dafür geht an die Politik und an Sie, liebe Lesende.

Geben wir dem Bildungsengagement eine Stimme!

5,9 Millionen Menschen in Deutschland engagieren sich ehrenamtlich für Bildung von Kindern und Jugendlichen. Die Stiftung Bildung gibt ihnen eine Stimme und stärkt sie diese Bildungsengagierten in ihrer Wirksamkeit und Sichtbarkeit. Die Zahlen belegen, dass zivilgesellschaftliche Akteur*innen einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Bildungskrise leisten und sind als eindeutiges Zeichen eines Strukturwandels der Zivilgesellschaft zu verstehen. Das freiwillige Engagement geht mit dem Wunsch einher, einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten und dort zu handeln, wo Bedarfe bestehen. Es folgt der Motivation, dies auch freiwillig in der Freizeit zu tun. Denn neben dem staatlichen Tun gestalten Bildungsfördervereine, Kita- und Schulfördervereine einen bunten Lern- und Lebensraum. Daraus ergeben sich vielfältige Beteiligungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche. Kita und Schule verwandeln sich in demokratische Orte und Demokratie wird von klein auf gelernt.

4 Millionen Kitakinder und 11 Millionen Schüler*innen werden viel zu wenig in die Bildungspolitik eingebunden. Denn Kinder und Jugendliche haben keine große Lobby, ihre (Aus-)Bildung infolgedessen auch nicht. Es ist also zwingend und dringend notwendig, Bildung gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen zu gestalten. Denn wir brauchen ein Bildungssystem, das allen Menschen offensteht und allen eine individuelle und am Menschen orientierte Perspektive eröffnet. Bund, Länder und Kommunen haben die Verantwortung, mit vereinten Kräften für mehr Beteiligung und mehr Bildungsgerechtigkeit zu sorgen, sie tun das auch in zunehmendem Maße abgestimmt und gemeinsam. Die Gesellschaft hat die Verantwortung, dies mitzugestalten, sei es durch Zeit- oder Geldspenden oder durch ihre Wahlstimme.

Bildungserfolge von Kindern und Jugendlichen hängen mit Investitionen zusammen

Die Bundesregierung hat mit dem Startchancen-Programm ein Bildungsprogramm für mehr Chancengerechtigkeit gestartet. Das Programm wird zum Schuljahr 2024/25 starten. Damit werden pro Jahr 2 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren investiert. Denn nach wie vor unterliegt der Bildungserfolg von jungen Menschen in Deutschland regionalen und sozialen Unterschieden. Mit dem Programm wollen Bund und Länder den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft entkoppeln und für mehr Chancengerechtigkeit sorgen – der Grundstein des Programms ist übrigens eine Idee des zivilgesellschaftlichen Bildungsengagements aus dem Jahre 2017. Gesellschaft und Politik sollten den Ideen des Bildungsengagements aufmerksam zuhören, denn das Bildungsengagement ist nicht nur innovativ, sondern funktioniert als Frühwarnsystem und Innovationstreiber. Seit Jahren wirken die vielen ehrenamtlich Tätigen Bildungsungerechtigkeiten entgegen. Um allen Kindern die Chance auf beste Bildung zu ermöglichen, gilt es, die Ausweitung zivilgesellschaftlicher Aktivitäten in ihren gewachsenen Strukturen im Bildungssektor zu schützen und auszubauen. Denn gerade dieses Engagement trägt zu mehr Bildungserfolg bei Kindern und Jugendlichen mit herausfordernden Lebenssituationen bei, wirkt krisenausgleichend und kann individuell auf Bildungsstandorte und Bildungsbiografien reagieren.

Der gesellschaftliche Bedarf an Veränderungen im Bildungssystem ist da. Wir haben also kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem in Deutschland. Was wir brauchen, ist das Umsetzen der schon bekannten Lösungen, und zwar alle gemeinsam mit Politiker*innen, Lehrkräften, pädagogischen Fachkräften, Bildungsengagierten, Erziehungsberechtigten, Kitakindern und Schüler*innen. Was wir auch brauchen, ist Geld. Zum einen müssen Bund und Länder die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung stellen. Das können und machen Politiker*innen aber nur, wenn Bürger*innen dazu bereit sind, dass ihre Steuergelder dafür eingesetzt werden und Wähler*innen dies von ihren politischen und gewählten Vertretungen erwarten und entsprechend wählen.

Spenden für Bildung sind Investitionen in unsere Zukunft

Zum anderen braucht es zivilgesellschaftliches Engagement für die Bildung von Kindern in Form von Erbschaften und Spenden – viele kleine und auch große. Denn Bildung ist ebenso wenig wie Katastrophenschutz, Wohlfahrt, Nachhaltigkeit, Entwicklungs- und Umwelthilfe oder Gesundheit nur Staatsaufgabe, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir alle müssen Verantwortung übernehmen, sei es, indem wir für Bildung wählen, uns ehrenamtlich engagieren oder Geld spenden. Denn es geht um nichts weniger als unser jetziges Für- und Miteinander, in Deutschland und in der Welt. Es geht um unsere Werte, um Demokratie, um Freiheit und Frieden und eine lebenswerte Welt für diese und kommende Generationen.

Im Wahljahr 2024 haben Unternehmen und Privatpersonen die Chance, mit ihrer Stimme chancengerechte, auf Future Skills ausgerichtete, vielfältige und beste Bildung zu wählen. Wir als unabhängige Lobby- und Spendenorganisation empfehlen: Wählt Bildung! Spendet Bildung! Bildungsspender*innen leisten einen wichtigen Beitrag, um die Gesellschaft zu transformieren und diejenigen an Entscheidungen zu beteiligen, die sie betreffen: Kinder und Jugendliche.

Unsere Gesellschaft braucht Bildungsengagierte und junge Menschen, die unsere Zukunft mitgestalten wollen und können. Wir brauchen ein Bildungssystem, dass zeitgemäß, chancengerecht und krisenfest ist. Dafür müssen wir Bildung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreifen und gestalten. Beste Bildung und Chancengerechtigkeit für alle sind die Voraussetzungen für ein friedliches Miteinander. Ein verstärkter Einsatz für gute Bildung sichert nachhaltig Frieden und Demokratie. Gemeinsam für beste Bildung!

Katja Hintze M.A. phil. ist die Vorstandsvorsitzende und Mitgründerin der Spendenorganisation Stiftung Bildung, die dem zivilgesellschaftlichen Bildungsengagement bundesweit eine Stimme gibt, sich für Partizipation und Vielfalt in der Bildung einsetzt und insbesondere die freiwillig Engagierten stärkt sowie Menschen dafür sensibilisiert für Bildung in Deutschland zu spenden.

Katja Hintze hat Philosophie, Kommunikationswissenschaften, Publizistik, Diversity und Wirtschaftsethik studiert und arbeitete viele Jahre als Kooperationsmanagerin in der freien Wirtschaft.

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