Wir brauchen ein modernes Gemeinnützigkeitsrecht

Brief von neun Förderstiftungen an Bundesfinanzminister Christian Lindner

08. Mai 2024

Brief von neun Förderstiftungen: Wir brauchen ein modernes Gemeinnützigkeitsrecht

Brief von neun Förderstiftungen: Wir brauchen ein modernes Gemeinnützigkeitsrecht (PDF-Datei)

Sehr geehrter Herr Bundesfinanzminister Lindner,

die Vereinbarungen des Koalitionsvertrags zur Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts haben bei uns unterzeichnenden Förderstiftungen Hoffnungen geweckt – die stockende Umsetzung jedoch beunruhigt uns. Wir bitten Sie dringlich, für eine zügige Umsetzung der Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag zu sorgen, damit wir die unabhängige Demokratie-Arbeit gemeinnütziger Organisationen unterstützen können.

Wir als Förderstiftungen sehen uns als Ermöglicherinnen der Arbeit vieler anderer, oft kleiner Organisationen, Vereine, Initiativen. Deren zivilgesellschaftliche Arbeit stützt die Demokratie. Deren selbstlose Arbeit ist gemeinschaftsstiftend, Lernort für demokratisches Handeln und Produktionsstätte gesellschaftlicher Innovationen – für die es keinen Markt gibt, aber Notwendigkeiten. Wie können wir zusammen leben? Wie können Konflikte bearbeitet werden? Wie können die Werte unseres Grundgesetzes in den Alltag von Menschen kommen?

Als gemeinnützige Stiftungen können wir leicht und unbürokratisch fördern, indem wir anderen gemeinnützigen Organisationen Geld überlassen (§ 58 Ziff. 1 AO). Doch viele Förderanträge müssen wir ablehnen, weil die Antragsteller:innen den Status der Gemeinnützigkeit nicht erhalten, weil für deren Anliegen passende gemeinnützige Zwecke fehlen: Die Förderung der Menschenrechte und der Grundrechte. Die Förderung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, auch des Sozialstaatsprinzips.

Zudem hören wir von Förderpartner*innen, dass sie Projekte nicht durchführen und beantragen wollen, die wir gerne fördern würden, weil unsere Partner*innen-Organisationen befürchten, dadurch ihre Gemeinnützigkeit zu gefährden – entweder, weil ihre Satzungszwecke nicht zum Vorhaben passen oder ihnen vorgeworfen würde, damit zu politisch zu agieren. Unsere Partner*innen haben dabei nicht nur Angst vor einem wachenden Auge des Finanzamtes. Sie haben auch Angst davor, dass Dritte ihnen falsches Verhalten vorwerfen und dem Finanzamt melden.

Diese Ängste sind nicht immer berechtigt, dennoch bremsen sie. Sie, Herr Finanzminister, können die Angst nehmen, indem Sie gesetzlich klarstellen, was erlaubt ist. Damit fördern Sie Engagement für Demokratie, Menschenrechte, die Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit. Und Sie weisen diejenigen in Schranken, die ein unklares Recht nutzen, um ihre Illiberalität durchzusetzen.

Am 14. Mai sind Sie zu Gast beim Bundesverband Deutscher Stiftungen. Bitte nutzen Sie spätestens dort die Gelegenheit, uns eine Einigung auf neue gemeinnützige Zwecke und auf Klarstellungen für politische Mittel zu diesen Zwecken zu verkünden.

Da wir als Förderstiftung in vielen Bereichen unterwegs sind und unsere Förderung bei weitem unsere öffentlichen Stellungnahmen überwiegt, sind wir selbst von der Sorge um die Gemeinnützigkeit nicht betroffen. Dennoch beschränkt das geltende Recht unsere Möglichkeiten. Bitte helfen Sie uns, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, unsere Arbeit gut machen zu können.

Mit freundlichen Grüßen

  • Änderwerk (www.aenderwerk.de)
  • Bewegungsstiftung (www.bewegungsstiftung.de)
  • Canopus Foundation (www.canopusfund.org)
  • Dreilinden – Gesellschaft für gemeinnütziges Privatkapital (www.dreilinden.org)
  • filia.die frauenstiftung (www.filia-frauenstiftung.de)
  • Good Move gGmbH (www.guerrillafoundation.org)
  • Olin gGmbH (www.olin-ggmbh.de)
  • Stiftung Bildung (www.stiftungbildung.org)
  • Stiftung Erneuerbare Freiheit (www.erneuerbare-freiheit.de)

PS: Die Liste der Stiftungen wäre noch länger geworden – doch einige Stiftungen haben abgesagt, da sie sich nicht aktiv politisch betätigen können oder wollen. Ein Indiz für sie wäre so ein Brief, eventuell verbunden mit einer Pflicht zur Eintragung im Lobbyregister. Wir nehmen an, dass es nicht in Ihrem Sinne ist, wenn Stiftungen oder Vereine solche Briefe nicht unterschreiben, weil sie sich daran rechtlich gehindert sehen. Damit wären wir genau beim Thema des Briefes und nötigen Klarstellungen im Gesetz.

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